Stimmen aus der Branche – das Beratungshonorar

 

 

Hallo liebe Manuela, liebe Madeleine, vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt, mit mir über das Thema Beratungshonorare zu sprechen. Vielleicht könntet ihr euch noch vorher ganz kurz ein wenig vorstellen?


Hallo Johannes, danke für die Einladung zum Gespräch. Mein Name ist Manuela Heubacher und ich bin seit 35 Jahren in der Branche. Davon 25 Jahre bei Christophorus, zuerst als Filialleitung der Filiale Schwaz und jetzt seit 2015 als Verkaufsleitung.


Hallo Johannes, auch von meiner Seite danke für die Einladung. Ich bin Madeleine Moser und bei mir dreht sich mein Leben seit mehr oder weniger 12 Jahren um das Thema Urlaub und Reisen. Ich bin besonders stolz, dass ich mich als Büroleiterin für das Christophorus Reisebüro in Schwaz, gemeinsam mit meinen Kolleginnen, um die Anliegen unserer KundInnen kümmern darf.

Das Thema „Beratungshonorar“ ist ja mittlerweile in aller Munde. Ihr habt euch ja bei Christophorus auch vor einiger Zeit dazu entschlossen, ein Beratungshonorar einzuheben. Was waren für euch die Auslöser und Hintergründe für diese Entscheidung?

Manuela:
Wir haben uns in der Coronazeit von 8 auf 6 Filialen verschlankt. Allerdings hat uns die schmale Besetzung in allen Büros dazu gebracht, Abläufe intern und auch nach außen hin zu optimieren. Komplizierte Anfragen der Kunden sind oft nicht wirklich ernst gemeint oder landen auch in Büros des Mitbewerbers und „rauben“ jedem Mitarbeiter wertvolle Zeit. Da wollten wir im Vorfeld schon reagieren und wirklich ernst gemeinte Anfragen rausfiltern. Das Beratungshonorar ist dabei das perfekte Instrument,  um sich auf jene Kunden fokussieren zu können, die dann schlussendlich auch buchen!

Das Beratungshonorar ist dabei das perfekte Instrument,  um sich auf jene Kunden fokussieren zu können, die dann schlussendlich auch buchen!

Manuela Heubacher

Madeleine:
Wir haben uns bewusst dazu entschieden, um es uns am Schalter leichter zu machen! Die Beratungen werden immer intensiver und zeitaufwendiger und auf der anderen Seite fehlt es einfach am Fachpersonal! Somit ist es umso wichtiger, die Zeit sinnvoll zu planen und Kunden zu bevorzugen, die erstens Buchungsabsichten haben und zweitens unser Wissen und unsere Zeit auch zu schätzen wissen. Viel zu lange haben wir uns unterm Wert verkauft und die Expertentipps und Beratungen verschenkt! Auf der anderen Seite werden die Kunden immer dreister und fragen bei jedem Büro in der Nähe an und haben nicht mal ein schlechtes Gewissen dabei.

Viel zu lange haben wir uns unterm Wert verkauft und die Expertentipps und Beratungen verschenkt!

Madeleine Moser

Verstehe ich das richtig, dass der Wunsch nach einem Beratungsentgelt eigentlich aus dem Vertriebsteam stammt?

Manuela:
Durchaus waren einige MitarbeiterInnen der Meinung, dass da was geschehen muss, damit die Arbeit am Schalter seitens Kunden auch gesehen, respektiert und wertgeschätzt wird. Andererseits sind die Mitarbeiter natürlich gefordert, ein Angebot zu liefern, welches zu 120% Engagement zeigt.

Wie darf ich mir das nun bei Christophorus vorstellen. Wie geht ihr vor, wann verrechnet ihr an welchen Kunden und in welcher Höhe?

Madeleine:
Wenn der Kunde ins Büro kommt, geben wir ihm gerne gleich einen kleinen Vorgeschmack, was alles möglich wäre – also eine kleine unkomplizierte Beratung. Bittet der Kunde dann um ein konkretes Angebot und haben wir dabei das Gefühl, dass die Anfrage nichts werden wird oder die Vorstellungen einfach zu sehr von der Realität abweichen, dann antworten wir sinngemäß, dass wir sehr gerne ein tolles, unverbindliches Angebot erstellen, dafür aber eine „Angebotserstellungsgebühr“ – wie wir es nennen – in Höhe von 50 bis 100 Euro vorab verlangen. Selbstverständlich erklären wir dem Kunden, dass er diese Gebühr bei Buchung wieder gutgeschrieben bekommt.

Manuela:
Wir selektieren dabei also sehr wohl zwischen aufwändigen und klassischen 08/15-Anfragen. Bei letzteren haben wir die Gebühr zwar auch schon eingehoben, da aber meist nur dann, wenn es das Bauchgefühl einem sagt. Stichwort „Beratungsdiebstahl“. Wir unterscheiden allerdings nicht zwischen Eigen- und Fremdprodukten und auch Flug-Only Einzelleistungen sind für die Angebotserstellungsgebühr kein Thema.

Das heißt, die Beraterin oder der Berater entscheidet, ob und wann das Gespräch auf das Beratungshonorar, bzw. in eurem Falle die Angebotserstellungsgebühr, hinausläuft?

Manuela:
Richtig. Neuere MitarbeiterInnen müssen entweder an die Profis im Büro abgeben oder diese machen das dann mit denen gemeinsam, da die Gebühr natürlich schon auch exakte Leistungen erfordert. 

Wie hoch ist die von euch verlangte Gebühr?

Madeleine:
In der Regel zwischen 50 und 70 Euro, bei komplizierteren Buchungsanfragen aber auch schon mal 100 Euro. Ich hatte da mal eine China-Anfrage, die mega kompliziert war. Das hat auch der Kunde eingesehen und für ihn war es überhaupt kein Thema, die 100 Euro vorab zu bezahlen.

Wie reagieren allgemein eure Kunden darauf? Und wie sieht es mit euren Stammkunden aus?

Manuela:
Ehrlich gesagt ein wenig durchwachsen, sage ich mal. Es lässt sich einfach schwer abschätzen. Aber die Akzeptanz der Kunden wird merkbar größer.

Madeleine:
Die meisten reagieren verständnisvoll, wenn man erklärt, dass die Zeiten, wo wir umsonst arbeiten konnten, vorbei sind. Der eine oder andere versteht es zugegeben nicht, das sind aber dann genau jene, die ohnehin jedes Jahr anfragen und dann eh nicht buchen – für genau die fehlt uns ja sowieso die Zeit!
Ich persönlich habe es noch keinem meiner Stammkunden verrechnet. Ein Stammkunde ist für mich ein Kunde, der anfragt und bucht! Oder zumindest die Buchungsabsicht hat. Wenn er von 10 Beratungen ein Mal nicht bucht, verzeih ich ihm das. In der Regel bucht er dann eine andere Reise zu einem anderen Zeitpunkt wieder bei mir.

Und jetzt ganz allgemein, Madeleine: Wie geht es euch damit?

Madeleine:
Ganz ehrlich? Wenn ich eines von uns sagen kann: Mir und meinen Kolleginnen fällt es super leicht und ich bin sehr sehr froh, dass wir das eingeführt haben! Kann sein, dass der ein oder andere Kunde verärgert ist und dadurch nicht wieder kommt – aber allen kann man es nicht recht machen.

Ich spar mir einfach viel Arbeit, die umsonst wäre!

Madeleine Moser

Und bei dir Manuela: Was wäre dein Wunsch im Hinblick auf das Beratungshonorar für die Zukunft?

Ich würde mir wünschen, dass dies ein einheitlicher Weg für die Branche wird und wir damit unsere Kunden ein wenig umerziehen und diese erkennen lassen, dass unsere Beratung vor allem auch Wert und Bestand hat und man mit einem komplett ausgearbeiteten Angebot nicht woanders hausieren gehen kann. Bankspesen werden ohne Weiteres akzeptiert, Kosten für die Planung von neuen Bäder, Küchen etc. auch.
UND: Unsere MitarbeiterInnen müssen endlich sehen, dass sie nicht dafür da sind, Angebote zu erstellen, sondern Buchungen abzuschließen und ihre Kunden glücklich zu machen. Wir haben ja nichts zu verschenken. Traurig, dass vor allem langjährige MitarbeiterInnen und absolute Profis mehr Probleme damit haben, als jüngere, die sehr viel kürzer in der Branche sind.

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