Norwegen im Frühjahr – eine Schnapsidee?

Bei Wind und Regen starten wir Ende März in Salzburg. Knapp 2 Flugstunden später landen wir bei Sonnenschein im verschneiten Oslo.

Oslo, Luftaufnahme

Oslo, Luftaufnahme

Oslo, Luftaufnahme

Oslo, Luftaufnahme

Noch am gleichen Abend fahren wir mit dem Auto zur nahen Holmenkollen Sprungschanze hinauf, die auch bequem mit der U-Bahn erreichbar wäre. Wegen des mittlerweile aufgekommenen Windes und Nebel können wir nicht bis zu den Startluken hochsehen. Aber schon die Steilheit der Zuschauertribüne seitlich des Aufsprungs erzeugt ein flaues Magengefühl.

Das angrenzende Sprung- und Langlaufgelände ist tief verschneit. Man kann sich als Österreicher schwer vorstellen, dass die Norweger zu den Veranstaltungen mit ihren Einweg-Grillern und Bier hierherkommen um die Landsleute anzufeuern.

Das Abendessen im Holmenkollen Restaurant mit Ausblick über das nächtliche Oslo entschädigt uns vollends für das ungemütliche Wetter. Fischsuppe, anschließend Rentierfilet und Lachs auf schwarzen Schieferplatten serviert. Exzellent. Glücklicherweise sind wir auch schon auf die norwegische Sitte des „wir zahlen alles mit Kreditkarte“ vorbereitet, denn die Speisekarte weist das Restaurant als „cash free“ Lokal aus. Bargeld wird hier keines angenommen.

Fischsuppe, Holmenkollen Restaurant, Oslo

Fischsuppe, Holmenkollen Restaurant, Oslo

Rentierkopf, Holmenkollen Restaurant, Olso

Rentierkopf, Holmenkollen Restaurant, Olso

Cappucino, Holmenkollen Restaurant, Oslo

Cappuccino, Holmenkollen Restaurant, Oslo

Müde fallen wir im Thon Hotel Linne in unsere Betten. Zum Hotel gehört übrigens eine Reihe an Appartements, die großteils von Portugiesen und Deutschen bewohnt werden. Sie arbeiten in Norwegen als Busfahrer, eine Alternative zur Arbeitslosigkeit im Heimatland.

Am nächsten Morgen Regen – kein Problem. Es ist ohnehin der Besuch des Frammuseums auf der Museumsinsel Bygdø geplant. Man kann die renovierte Fram, das Forschungsschiff, das durch seine Form geeignet war auf dem Packeis zu driften, betreten und das Originalinventar besichtigen. Anschaulich sind Nansens Forschungsreisen rund um Grönland und den Nordpol dargestellt, unfassbar die Bedingungen unter denen er und seine Männer an Bord lebten. Eindrucksvoll erleben wir Szenen von Amundsens Reisen zum Nord- und Südpol und angesichts der frostigen Bedingungen dort, kommt es uns in Oslo schon recht warm vor.

Ab Mittag spiegelt sich die Sonne im Oslofjord und lädt zu einer Bootsrundfahrt. Die Ausflugsschiffe pausieren noch bis Mai, aber die Linienschiffe zu den Inseln sind im Einsatz. Im Daunenmantel und mit Stirnband lassen wir uns den Wind um die Ohren pfeifen und genießen. Die mittelalterliche Festung Akershus. Das glitzernde Meer. Das teilweise mit Schnee „angezuckerte“ Ufer. Das imposante Rathaus. Die Holmenkollenschanze, die sich elegant an den Hügel schmiegt. Die Schären mit den typischen Holzhäuschen in den nicht weniger typischen Farben rot, gelb, oder grün. Alle paar Minuten eröffnet sich uns ein neuer, interessanter Blickwinkel.

Bootsrundfahrt Oslofjord, Norwegen

Bootsrundfahrt Oslofjord, Norwegen

Oslofjord Schären, Norwegen

Oslofjord Schären, Norwegen

Die Schiffsanlegestelle grenzt an Oslos beeindruckende neue Flaniermeile Aker Brygge/Tjuvholmen. Restaurants mit insgesamt 5000 Sitzplätzen, davon 2500 im Freien, Geschäfte, Museen, Skulpturen, ein Aussichtsturm. Hier findet sich geballt, was es an moderner Architektur zu zeigen gibt. Wer einen gut – besser prall – gefüllten Geldbeutel hat, kann sich in eines der sensationellen Hotels einmieten mit sagenhaftem Ausblick über den Oslofjord. Wer es günstiger will, leistet sich einen Kaffee. Wobei „leisten“ der perfekte Ausdruck ist, denn teuer ist in Oslo alles und überall. Nicht nur auf der Flaniermeile. Wir erfreuen uns jetzt, an dem was kostenlos ist. Einem Spaziergang zwischen den stylischen Gebäuden.

Flaniermeile Aker Brygge/Tjuvholmen, Olso

Flaniermeile Aker Brygge/Tjuvholmen, Olso

Flaniermeile Aker Brygge/Tjuvholmen, Olso

Flaniermeile Aker Brygge/Tjuvholmen, Olso

Bei Einbruch der Dunkelheit erklimmen wir das – der Form eines Eisbergs nachempfundene – Opernhaus. Die Entwürfe dafür stammen von einem norwegischen Architekturbüro an dem auch ein Österreicher beteiligt ist. Das freut doch gleich die österreichische Seele.

Ausblick vom Osloer Opernhaus, Abendstimmung

Ausblick vom Osloer Opernhaus, Abendstimmung

Am folgenden Morgen wieder Regen – ehrlich gesagt mehr Schneeregen – wieder kein Problem – wieder wollen wir in ein Museum. Diesmal in Sandefjord, einem hübschen Städtchen, etwa 120 km südlich von Oslo an der Westseite des Oslofjords . Dort befindet sich Europas einziges Museum, das auf Walfanggeschichte und Walfang spezialisiert ist. In einem Gebäudeteil sind die unterschiedlichsten Polartiere in Originalgröße ausgestellt, die Walknochen vermitteln einen Eindruck von der Größe dieser riesigen Tiere. Die Abteilung über die Geschichte nötigt uns Respekt vor den ersten Walfängern ab, die unter Einsatz ihres Lebens in ihren kleinen Booten auf die Riesen Jagd machten. Die Bilder des modernen Walfangs sind ziemlich unappetitlich – an Deck unfassbare Mengen an Blut und Fett, die Männer in Stiefeln mit einer Art Steigeisen an den Sohlen wie sie mit scharfen Haken an langen Stangen den Wal seitlich aufschlitzen.

Da wir trotz der ungustiösen Bilder langsam Hunger bekommen, suchen wir ein Restaurant. La Scala, direkt am Hafen an drei Seiten mit einer Glasfront, überzeugt uns. Die Sonne strahlt mittlerweile und es bietet sich uns neben dem lukullischen Genuss ein ebensolcher optischer auf das glitzernde Meer und die umliegenden Hügel.

Restaurant la Scala, Oslo

Restaurant la Scala, Sandefjord

Ausblick vom Restaurant la Scala, Oslo

Ausblick vom Restaurant la Scala, Sandefjord

Sandefjord, Norwegen

Sandefjord, Norwegen

In Sandefjord könnte man es gut einige Tage aushalten, es bietet eine Reihe sportlicher Aktivitäten für mehr und weniger Sportliche: Segeln, Klettern, Radfahren, Wandern und Spazieren gehen auf den umliegenden Hügeln, Laufen…

Wir wollen weiter zu dem Plätzchen, das sich für heute als DAS Highlight herausstellen wird. 20 km Luftlinie südöstlich von Sandefjord. Das bedeutet wegen der vielen Küsteneinschnitte etwas mehr als 50 Straßenkilometer, für die wir aufgrund der norwegischen Straßenverhältnisse über eine Stunde Fahrzeit benötigen. Schneeräumung ist nicht so üblich wie bei uns, sodass die meisten Norweger mit Spikes fahren. Der Asphalt leidet entsprechend und Schlaglöcher sind keine Seltenheit. Dazu finden sich unzählige Bremsschwellen auf den Straßen, die einen drastisch zum Einhalten der Geschwindigkeitsbeschränkungen nötigen. Wir lassen die Gegend auf uns wirken. Die Sonne taucht alles in ein warmes Licht, das an Herbststimmung bei uns erinnert. Die Weite der Landschaft und immer wieder das Wasser – Skandinavien wie im Bilderbuch.

Dann sind wir am Ziel. Verdens Ende, „das Ende der Welt“. Der Anblick übertrifft unsere Erwartungen bei Weitem und die Fotos können nur eine Idee von dem vermitteln, was die Realität bietet. Flache, abgeschliffene Felsen liegen wie zufällig im Meer. Einige sind mit Fußgängerbrücken verbunden und immer wenn man glaubt, man habe den höchsten Punkt erreicht, fügt sich ein weiterer Felsen an. Andere haben keinerlei Verbindung. Richtung Westen bietet sich ein Blick über das glitzernde offene Meer. Wir haben den perfekten Zeitpunkt erwischt. Es ist noch hell genug, um sich auf den Felsen trittsicher zu bewegen, es sind nur ganz wenige Menschen hier und die Sonne steht schon tief.

Ein interessantes Detail ist, dass hier eine Bademöglichkeit für Rollstuhlfahrer geschaffen wurde und ein rollstuhltauglicher Angelplatz.

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Verdens Ende, Norwegen

Diesmal nächtigen wir im Borge Hotel, Husøy. „Hotel“ trifft es nicht ganz. Es sieht eher aus wie das Clubheim des angrenzenden Golfclubs. Wir hatten absichtlich etwas Nettes, Kleines gewählt. Wir werden sehr herzlich empfangen.

Bei Ankunft ist das Zimmer kalt, aber die Elektroheizung – mit Strom wird fast alles in Norwegen betrieben, es gibt auch schon etliche Elektroautos – heizt es schnell auf. Der Ausblick vom Zimmer über einen alten Obstgarten auf den Fjord ist beeindruckend. Bei wärmeren Temperaturen könnte man bequem vor oder nach dem Frühstück direkt baden oder rudern gehen.

Borge Hotel Husoy, Norwegen

Borge Hotel Husoy, Norwegen

Ausblick Borge Hotel Husoy, Norwegen

Ausblick Borge Hotel Husoy, Norwegen

Unser dritter Morgen startet mit strahlendem Sonnenschein, trotzdem sind wir froh über Daunenmantel und Haube. Immerhin ist es eine angenehme, trockene Kälte. Wir fahren mit dem Auto nordwärts bis Horten und setzen an einer der engsten Stellen des Oslofjords mit der Fähre nach Moss über. Am Fährschiff fasziniert uns am meisten, dass es ein eigenes „Hundezimmer“ gibt, in dem die Passagiere mit ihren großen und kleinen Lieblingen die Überfahrt verbringen.

Schon von Weitem sehen wir die spektakuläre Brücke – sie überspannt den Fluss Glomma – über die wir den Ortsteil Gamlebyen, die Altstadt von Fredrikstad, erreichen. Touristisches Ziel ist die sternförmige Festungsanlage, die König Fredrik III im 17. Jahrhundert erbauen ließ. Diese bewohnte Altstadt ist heute ein lieblicher Ort an dem sich Kunstgalerien, kleine Handwerksgeschäfte und Kaffeehäuser aneinanderreihen. Die Einheimischen trinken ihren Cappuccino schon im Freien. Die Hauseingänge sind mit Märzenbechern in Blumenkörben hübsch dekoriert, an einigen Stellen finden sich noch Reste der winterlichen Schneehaufen.

Typischer Hauseingang, Frederikstad Gamlebyen, Norwegen

Typischer Hauseingang, Fredrikstad Gamlebyen, Norwegen

Im Zentrum steht die Østre Fredrikstad Kirche aus dem 18. Jahrhundert. Wer weiß wie lange noch. Alle sechs Kirchen, die seit dem 16. Jahrhundert an diesem Platz standen, fielen einem Brand zum Opfer.

Weil wir aus privaten Gründen das Kraftwerk Vamma an der Glomma besichtigen wollen, erleben wir auf dem Rückweg nach Oslo eine kurvige Fahrt durch endlos scheinende Wälder abseits der Hauptroute. Das 1915 erbaute Kraftwerk sieht wie eine schöne alte Fabrik aus und soll – wenn alles gut geht – demnächst erweitert werden. Die Norweger sind weltweit Spitzenreiter im Stromverbrauch. Der Strombedarf ist also immens und wird zu fast 100 % in heimischen Wasserkraftwerken erzeugt.

Erst kurz vor Oslo kommen wir zurück auf die Autobahn auf der es sehr gelassen zugeht. Mit gut 100 km/h bewegen wir uns vorwärts. Schnelleres Tempo ist nicht erlaubt und Geschwindigkeitsübertretungen werden drastisch geahndet. Überschreitungen bis zu 5 kmh kosten EUR 80, bei 20 kmh zu viel werden schon EUR 600 fällig. Auch der Führerschein ist dann schnell weg. Drängeleien auf der Straße sind selten. Diese Situation spiegelt die Lebenseinstellung der Norweger wider – es geht hier allgemein recht gelassen und höflich zu.

Unser letzter Morgen in Oslo. Raureif auf den Wiesen. Die Fensterscheiben der Autos angeeist. Die Sonne strahlt vom beinahe wolkenlosen Himmel. Wir ziehen unsere Köfferchen zur Bushaltestelle. Nachdem der Fahrer des Linienbusses sie im Gepäckraum verstaut hat, schaukeln wir in 40 Minuten zum Flughafen und lassen gedanklich die letzten Tage Revue passieren. Trotz der kurzen Zeit haben wir viele Eindrücke gewonnen und viel gesehen.

Schon kurz nach dem Start kündigt der Pilot an, dass wir wegen der Stürme und des Schlechtwetters in Österreich womöglich nach Wien umgeleitet werden müssen. Das bleibt uns dann doch erspart. Echtes Aprilwetter mit Sonne und dazwischen Schnee und Regen begleitet uns auf der Heimfahrt von Salzburg.

Oslo im Frühjahr eine Schnapsidee? Und wenn schon – es war eine gute.

Garde vor dem königlichen Schloss, Oslo

Garde vor dem königlichen Schloss, Oslo

Die Christian Radich - gebaut 1937, Schulschiff, auch in div. Fernsehserien zu sehen

Die Christian Radich – gebaut 1937, Schulschiff, auch in div. Fernsehserien zu sehen

Rathaus, Oslo

Rathaus, Oslo

Oslo Abendstimmung

Oslo Abendstimmung

Fotos © Karin Wimmer, 2015

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